Mit Werbung Geheimdienste enttarnen

Dass Google-Maps mir Restaurants in meiner Umgebung empfehlen kann, und welche Auswirkungen dieser Komfort hat, sehen wir hier genauer...

Mit Werbung Geheimdienste enttarnen
Photo by Leon Seibert / Unsplash

Im digitalen Zeitalter, in dem Daten als das neue Öl gelten, sind die Informationen, die wir täglich produzieren, von unschätzbarem Wert. Einer der meist übersehenen und gleichzeitig am häufigsten missbrauchten Datenpunkte sind Werbe-IDs. Diese kleinen, unscheinbaren Identifikatoren, die vor allem in mobilen Apps und Online-Diensten verwendet werden, können erhebliche Sicherheitsrisiken bergen.

Die unsichtbare Bedrohung

Werbe-IDs sind dazu gedacht, Nutzer über verschiedene Plattformen hinweg zu verfolgen, um personalisierte Werbung zu ermöglichen. Doch die wenigsten wissen, dass diese IDs leicht mit anderen persönlichen Daten kombiniert werden können. Ein aktueller Bericht von Netzpolitik.org zeigt auf, wie eine Firma unachtsam 36 Milliarden Standortdaten von Menschen in Deutschland verschleudert hat. Diese Daten, in Kombination mit Werbe-IDs, können ein erschreckend genaues Bild der Bewegungen und Aktivitäten einzelner Personen zeichnen.

Databroker Files: Wie Datenhändler Deutschlands Sicherheit gefährden
Datenhändler verkaufen die Standortdaten von Millionen Menschen in Deutschland. Sie wurden angeblich nur zu Werbezwecken erfasst. Aber Recherchen von netzpolitik.org und BR zeigen: Mit den Daten lassen sich sogar Angestellte von Regierung, Militär und Geheimdiensten ausspionieren.

Wie genau können Individuen identifiziert werden?

Die Kombination von Werbe-IDs mit anderen Datenquellen ermöglicht eine detaillierte Identifikation von Individuen. Hier sind einige Beispiele, wie spezifische Informationen ermittelt werden können:

  1. Wohnort: Durch die Analyse der Standortdaten und Bewegungsmuster einer Werbe-ID über einen längeren Zeitraum lässt sich der Wohnort relativ einfach ermitteln. Wenn die Standortdaten zeigen, dass ein Gerät jede Nacht an einem bestimmten Ort verweilt und sich tagsüber bewegt, ist dies ein starkes Indiz für den Wohnort. Durch eine Rückwärtssuche im Telefonbuch kann man häufig bereits daraus eine Person ermitteln.
  2. Arbeitsplatz: Ähnlich wie der Wohnort kann der Arbeitsplatz identifiziert werden, indem die regelmäßigen Aufenthaltsorte während der Arbeitszeiten analysiert werden. Wenn ein Gerät an Wochentagen zu bestimmten Zeiten an einem Ort bleibt und sich zur Mittagszeit kurz bewegt, kann man davon ausgehen, dass dies der Arbeitsplatz ist.
  3. Krankenhausaufenthalte und ableitbare Gesundheitsprobleme: Wenn Standortdaten zeigen, dass eine Person wiederholt oder für längere Zeiträume ein Krankenhaus oder eine Arztpraxis besucht, kann dies auf gesundheitliche Probleme hinweisen. Die Kombination dieser Aufenthaltsmuster mit den Suchverläufen im Internet oder App-Nutzungsdaten, wie z. B. Gesundheits-Apps, kann weitere Hinweise auf spezifische Gesundheitsprobleme geben oder auf Drogen/Suchtprobleme hinweisen.
  4. Sexuelle Vorlieben: Diese sensiblen Informationen können durch die Analyse von Standortdaten und der Nutzung bestimmter Apps oder Webseiten ermittelt werden. Wenn ein Gerät häufig an Orten wie bestimmten (Swinger-)Clubs oder Veranstaltungsorten auftaucht, oder wenn bestimmte Dating-Apps genutzt werden, können Rückschlüsse auf die sexuellen Vorlieben der ermittelten Person gezogen werden.
  5. Miltärische Geheimnisse: Die Ukraine hat die Position von Soldaten genutzt, um über die Werbe-ID den Wohnort ausfindig zu machen. Später wurden diese Soldaten erpresst, da man ihre Familie bedrohen konnte. (Dieser Vorgang wurde zwar berichtet, ist für mich jedoch nicht direkt beweisbar. Daher nur als Punkt, über den man mal nachdenken sollte.) Gerade Personen, die Zugang zu besonders gesicherten Orten haben - also irgendeiner besonderen Sicherheitsstufe zugeordnet sind - lassen sich so besonders leicht ermitteln. Einfach auf der Karte nachsehen!
Luftwaffenstützpunkt Büchel. Hier sollen US-Atomwaffen stationiert sein. 189 Werbe-IDs halten sich tagsüber dort auf. Die meisten fahren abends nach Hause. Gut zu erkennen: Wer gehört zum Wachpersonal (anhand der Patrouillengänge entlang des Grenzzaunes), oder wer ist Pilot (auf dem Runway).

Wo finde ich meine mobile Advertising-ID?

Auf Android-Geräten:

Die mobile Advertising-ID wird auf Google-basierten Android-Geräten als "Werbe-ID" bezeichnet. Du findest sie, indem du folgende Schritte befolgst:

  1. Öffne die Einstellungen.
  2. Gehe zu Google (Google-Dienste).
  3. Wähle Alle Dienste.
  4. Klicke auf Werbung.

Hier kannst du auch die Werbe-ID zurücksetzen oder löschen. Der genaue Pfad kann je nach Android-Version variieren.

Auf iOS-Geräten:

Auf Apple-Geräten mit iOS heißt die mobile Advertising-ID "IDFA" (Identifier for Advertisers). Sie ist jedoch nicht direkt zugänglich. Um sie auszulesen, benötigst du eine Drittanbieter-App wie My Device ID oder Adjust Insights. Diese Apps erfordern die Erlaubnis zum App-Tracking. Sobald du deine ID herausgefunden hast, ist es empfehlenswert, diese Apps wieder zu löschen.

Es ist dennoch das Wichtigste, dass man versteht, wie man aus belanglosen Daten bares Geld macht, und welches Risiko diese Daten für einen persönlich darstellen.

Eigentlich ist es ja auch kein neues Thema. Ich hatte es hier bereits angesprochen:

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OSINT (Open Source Intelligence) bezeichnet die Sammlung und Analyse von Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen, um Erkenntnisse über Personen, Organisationen oder Ereignisse zu gewinnen. Dies umfasst die Auswertung von Daten aus sozialen Medien, Nachrichtenartikeln, öffentlichen Aufzeich…

Fazit

Die scheinbar harmlosen Werbe-IDs bergen für mich ein erhebliches Risiko für die Privatsphäre und Sicherheit jedes Einzelnen. Es ist wichtig, dass Nutzer sich der Gefahren bewusst werden und geeignete Maßnahmen ergreifen, um ihre Daten zu schützen. Denn in einer Welt, in der Daten das wertvollste Gut sind, kann der Schutz dieser Daten nicht ernst genug genommen werden.