Abhängigkeit von BigTech

Ein Aufruf zum Widerstand und zur Nutzung von Alternativen für mehr Souveränität.

Abhängigkeit von BigTech
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Die digitale Landschaft wird zunehmend von einer Handvoll Unternehmen dominiert, deren Einfluss weit über den rein wirtschaftlichen Bereich hinausreicht. Insbesondere die Ökosysteme von Google und Apple haben eine Vormachtstellung erlangt, die den Alltag vieler Menschen massgeblich prägt. Moderne Smartphones sind ohne die Integration dieser Dienste oftmals nur eingeschränkt nutzbar. Die Unternehmen entscheiden nicht nur über die Verfügbarkeit von Anwendungen in ihren App-Stores, sondern setzen durch Mechanismen wie die Play Integrity API auch Standards, die die Nutzung alternativer Android-Betriebssysteme wie GrapheneOS oder LineageOS erschweren. Hierdurch entsteht eine schwer zu durchbrechende digitale Abhängigkeit.

Diese Entwicklung manifestiert sich auch im Bereich digitaler Dienstleistungen. Krankenkassen, Banken und zahlreiche andere Anbieter setzen vermehrt auf Applikationen und Plattformen, deren Funktionalität häufig an die Nutzung der Ökosysteme von Google oder Apple gekoppelt ist. Nutzer, die sich dieser Abhängigkeit entziehen möchten, sehen sich mit deutlichen Einschränkungen konfrontiert. Essentielle Funktionen können unzugänglich werden, oder die Nutzung der Dienste wird gänzlich verunmöglicht.

Ein Gesundheitssystem, das sich verstärkt auf digitale Lösungen stützt, und Finanzdienstleistungen, die ohne entsprechende Applikationen kaum noch zugänglich sind, schaffen neue Barrieren. Insbesondere ältere oder weniger technikaffine Menschen laufen Gefahr, von grundlegenden Dienstleistungen ausgeschlossen zu werden. Es wird deutlich, in welchem Ausmass die gesellschaftliche Infrastruktur bereits von der Kontrolle weniger Technologiekonzerne abhängig ist, was gravierende Folgen für Teilhabe und Gerechtigkeit innerhalb der Gesellschaft mit sich bringt.

Kontrolle über Daten und Kommunikation

Die Problematik der digitalen Abhängigkeit beschränkt sich nicht allein auf Applikationen. Plattformen wie Facebook, X, TikTok und WhatsApp sind längst mehr als reine Kommunikationsmittel; sie fungieren als Datenmonopole. Die durch diese Plattformen gesammelten Nutzerdaten werden primär zu kommerziellen Zwecken genutzt, wobei die Nutzer selbst zur Ware werden. Die Datenerfassung umfasst ein breites Spektrum – von Bewegungsprofilen über Kaufgewohnheiten bis hin zu politischen Präferenzen. Diese Informationen werden an Werbekunden verkauft, die Nutzer daraufhin mit personalisierter Werbung konfrontieren.

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Ein oft unterschätzter Aspekt ist die Rolle dieser Plattformen als Verbreiter von Desinformation und als Nährboden für Hass und Extremismus. Die zugrundeliegenden Algorithmen sind darauf ausgelegt, die Nutzerbindung und Interaktion zu maximieren, was unbeabsichtigt die Verbreitung von Falschnachrichten und radikalen Inhalten begünstigen kann. Die Diskussion über den Missbrauch sozialer Medien hat in jüngster Zeit, insbesondere im Kontext politischer Entwicklungen, an Dringlichkeit gewonnen.

Es hat sich gezeigt, dass diese Plattformen massgeblich zur Verbreitung von Fehlinformationen und zur Manipulation der öffentlichen Meinung beitragen können. Die Beeinflussung von Wählergruppen durch gezielte Desinformation und algorithmische Manipulation stellt eine ernsthafte Bedrohung für demokratische Prozesse dar. Die Monopolisierung von Informationsflüssen über diese Plattformen erweist sich somit als Gefahr für die Demokratie.

Warum wir nicht länger tatenlos zusehen sollten

Es ist einfach, die Verantwortung für die wachsende Macht der Tech-Giganten ausschliesslich diesen Unternehmen zuzuschieben. Diese Sichtweise greift jedoch zu kurz. Jeder Einzelne trägt durch die tägliche Nutzung ihrer Dienste und die mangelnde Bereitschaft, nach Alternativen zu suchen, zur Stärkung dieser Monopole bei. Die Bequemlichkeit, die diese Dienste bieten, hat einen Preis: Langfristig werden Datenschutz, Freiheit und möglicherweise sogar die Stabilität von Demokratie und Gesellschaft gefährdet. Durch die Preisgabe persönlicher Daten an diese Konzerne wird nicht nur die Kontrolle über das eigene Verhalten aus der Hand gegeben, sondern auch Tür und Tor für gezielte Manipulation geöffnet.

Eine alleinige Lösung durch stärkere Regulierung erscheint unrealistisch. Gesetzgeber agieren oft zu langsam und unzureichend informiert. Zudem scheint in vielen Fällen ein tatsächliches Interesse an effektiver Regulierung zu fehlen, da auch politische Akteure von der Verbreitung von Falschnachrichten und der Manipulation durch diese Plattformen profitieren können. Das Problem reicht jedoch tiefer als die Verbreitung von Fehlinformationen. Es geht um die Abhängigkeit von Unternehmen wie Microsoft, die in vielen Bereichen als vermeintlich alternativlos gelten. Diese Abhängigkeit wird von politischen Entscheidungsträgern nicht nur toleriert, sondern häufig sogar unterstützt, während Bestrebungen zur Befreiung aus dieser Abhängigkeit kaum erkennbar sind. Solange jedoch Bequemlichkeit über Werte gestellt und die Dienste der Tech-Giganten unkritisch genutzt werden, bleibt deren Machtmonopol unangetastet. Der Wandel muss im Bewusstsein jedes Einzelnen beginnen. Es ist notwendig, bewusst Alternativen zu wählen und Unternehmen zu unterstützen, die Datenschutz und Freiheit respektieren. Nur so kann der Kreislauf aus Kontrolle, Manipulation und Machtmissbrauch durchbrochen werden.

Schritte in die digitale Unabhängigkeit

Es existiert eine Vielzahl von Alternativen zu den etablierten Plattformen. Es ist essentiell, diese nicht nur zu fördern, sondern auch konsequent zu nutzen.

Für mich als Technologie-Enthusiasten ist es leicht möglich, den großen Cloud-Diensten zu entgehen. Auch meine privaten Spuren im Internet klein zu halten ist mir durch konsequente Nutzung von Linux, LineageOS und meiner eigenen Cloud-Dienste soweit wie eben möglich gelungen. Ich verstehe aber, dass es für normale Nutzer bequem ist, einfach ein iPhone zu kaufen und es exakt so zu nutzen und mit Informationen zu füllen, wie es durch den Hersteller aufgezwungen wird.

Das Fediverse bietet beispielsweise eine dezentrale Kommunikationsinfrastruktur, die unabhängig von der Kontrolle zentraler Konzerne agiert. Im Bereich der Messenger-Dienste stehen mit Signal und Threema datenschutzfreundliche Alternativen zu WhatsApp zur Verfügung, die in ihrer Bedienung kaum Unterschiede aufweisen. Ein Umstieg sollte daher für die meisten Nutzer problemlos möglich sein.

Für eine sichere und unabhängige Cloud-Lösung stellt Nextcloud eine Open-Source-Option dar, die volle Kontrolle über die eigenen Daten ermöglicht, ohne auf Dienste wie Google Drive oder iCloud angewiesen zu sein. Auch im Bereich der Betriebssysteme lohnt es sich, Alternativen zu prüfen. Anstelle der datensammelnden und restriktiven Systeme von Microsoft bietet Linux eine leistungsstarke, flexible und kostenfreie Alternative. Linux-basierte Distributionen wie Ubuntu, Fedora oder Debian sind nicht nur sicher und transparent, sondern auch kommerziellen Betriebssystemen ebenbürtig. Sie stellen eine ideale Option für Nutzer dar, die sich aus der Abhängigkeit der grossen Technologiekonzerne befreien möchten.

Umstieg auf Linux
Linux vs. Windows: Freiheit oder Bequemlichkeit?

Der Wechsel zu diesen Alternativen ist jedoch nicht immer einfach und erfordert neben dem Willen auch die Bereitschaft, Bequemlichkeit gegen Verantwortung einzutauschen. Es liegt in der Hand jedes Einzelnen, in eine unabhängige digitale Zukunft zu investieren, in der die Kontrolle über Daten und Kommunikationswege selbstbestimmt erfolgt. Der digitale Wandel hin zu einer dezentralisierten und datenschutzorientierten Infrastruktur ist dringend erforderlich, wird aber nicht ohne aktives Zutun geschehen. Die entscheidende Frage lautet: Welchen Wert messen wir digitaler Souveränität und Datenschutz bei, und welche Risiken sind wir bereit einzugehen, wenn wir diese Werte vernachlässigen?

Fazit

Die digitale Abhängigkeit von Tech-Giganten ist ein Problem, dessen Lösung nicht allein in politischen Massnahmen liegt. Es erfordert ein Umdenken und Handeln jedes Einzelnen, um sich bewusst von diesen Konzernen zu lösen und alternative Lösungen zu wählen und zu fördern. Jeder Schritt in Richtung digitaler Unabhängigkeit trägt zu mehr Freiheit, Sicherheit und Kontrolle über die eigenen Daten bei und ist somit ein wichtiger Beitrag zur Stärkung von Datenschutz und Demokratie.